Montag, 18. August 2008

Blockbuster: Familie

Hier das grosse Amadeus-und-seine-verschollene-Familie-Special. Wird wohl etwas länger werden, aber Jan hat ja auch gut vorgelegt :-) Fuer diejenigen die meine äußerst komplizierte Situation nicht kennen: Ich hab von der Seite meines (indischen) Vaters überall auf der Welt noch Familie, von denen ich allerdings die wenigsten kenne. Und zufällig wohnt ein Teil davon in Sydney, deswegen habe ich mich letzte Woche mal mit denen getroffen. Ich hab eine E-Mail-Adresse von meinem Vater bekommen, da mal hingeschrieben, und geguckt was zurück kommt. Dem extrem bruchstückhaften Stammbaum, den mir meine Eltern mitgegeben haben, konnte ich entnehmen dass hier ein Halb-Bruder von meinem Vater wohnt (Aeraj sein Name), der eine unbestimmte Anzahl an Kindern hat (3+x). Im Endeffekt hab ich rausgefunden dass SÄMTLICHE Namen auf dem Zettel falsch geschrieben waren, naja, zum Glück wurde ich nicht schriftlich geprueft. Die Situation nochmal kurz zusammengefasst: Ich hatte keinen blassen Schimmer was mich da erwartet. Ich wusste auch nicht ob der Teil der Familie eher indisch-traditionell eingestellt ist oder eher modern. Ich hab letzteres gehofft, weil ich in ersterem nicht unbedingt fundiert geschult bin, das aber definitiv von mir erwartet werden würde. Meine Mutter hatte mir jedoch alle Sorgen diesbezüglich ausgeredet. Und sie lag falsch. Danke Mama. Dazu später mehr.
Sonntags 12 Uhr wollte mich ein Sohn (Maher) in der Nähe der Harbour Bridge abholen. Er wusste allerdings nicht, dass Amadeus am Tag vorher herausgefunden hat dass es hier eine beachtliche Menge Wein für verhältnismäßig wenig Geld zu kaufen gibt und deswegen divers verkatert und noch teilbetrunken war :-) Wir waren an dem Abend mit ein paar anderen Study Abroad Studenten feiern gewesen. Ich hab es zwar am naechsten Morgen in den Griff bekommen, aber das hat die Situation nicht gerade leichter gemacht!
Auf dem Weg zum Treffpunkt bin ich dann das erste Mal ueber die Harbour Bridge gelaufen:



Dann hab ich ihn getroffen. Das erste was ich gesehen habe war ne ziemlich dicke Karre! So ein schwarzes Auto vom Typ ich-habs-geschafft. Der Maher hat seinen Dr in Engineering gemacht (wie scheinbar alle anderen Magrabis auch). War ein netter zugänglicher Typ. Wir sind dann nach 40 Minuten Autofahrt (ja, Sydney ist groß!) am Haus der Eltern angekommen. Dann gings los. Man muss sich das so vorstellen: ca 15 Leute die alle wissen wer ich bin, und ich, der keine Ahnung hat wer wer ist. Dazu kam noch, dass ich nicht genau wusste an welche Begrüßungsrituale die hier gewöhnt sind, das hat es auch nicht grad leichter gemacht. Merken: Männer kriegen eine Umarmung rechts, eine links, und wieder eine rechts, Frauen bekommen mit seltenen Ausnahmen nur Augenkontakt. Die ganzen Leute waren allerdings nicht alle wegen mir da: nächste Woche heiratet die Tochter Farah, deswegen sind Verwandte aus aller Welt angereist. Ich hab mich dann mit der Hauptperson Aeraj ins Wohnzimmer gesetzt und unterhalten. Wir hatten uns nicht unbedingt so viel zu erzählen. Er war sehr höflich, aber nicht unbedingt charmant, vielleicht ist das die richtige Beschreibung. Er wirkte etwas griesgrämig und etwas dominant. Aber nicht unfreundlich. Ich glaube ich finde die richtigen Worte nicht, jedenfalls wusste er dass er der "Mann in Haus" ist. Aber von dieser Eigenschaft abgesehen, hat er mich aaaaabsolut an meinen Vater erinnert! :-) Ganz eindeutig der Halb-Bruder, ich hab noch nie jemanden getroffen der meinem Vater soo ähnlich ist. Ich hab dann kreuz und quer Onkel, Tanten, Töchter, Söhne, Söhne von Söhnen, etc kennengelernt. Die waren alle sehr nett und ich konnte mich gut mit denen unterhalten. Wir sind dann zu einen Community Centre gefahren und haben Stühle aufgebaut, die Tochter hatte an dem Abend eine "Girls Party" vor der Hochzeit. Die Tochter war übrigens hübsch und nett! Sie arbeitet an der Uni, macht da was mit Biotechnik. Als wir das aufgebaut hatten sind wir Männer zurück zum Haus um etwas zu essen. Tjaa...alle Frauen waren da ja jetzt auf der Party. Aeraj ist dann etwas hilflos in der Küche rumgerannt um Essen zu machen. Frauen sind halt für die Küche zuständig. So ist das nun mal. Das Essen war fertig gekocht, er musste eigentlich nur den Herd anmachen. War aber trotzdem etwas zu viel verlangt. Irgendwie hat er es dann geschafft und wir haben gegessen. Ich hab dann kurz nach dem Besteck gesucht, aber dann ists mir wieder eingefallen. Man ißt natürlich mit den Händen hier. Wie krieg ich jetzt nochmal das Fleisch klein? Ich hab mich dann mal umgeschaut, das macht man mit einer Fingernagel-Technik. Aber ich wirkte im Endeffekt souverän, glaub ich! Abends hat mich dann der jüngste Sohn (Amer) nach Hause gefahren. Der war von da an auch meine Vertrauensperson. Ich war natürlich zu der Hochzeit eingeladen und wir haben etwas überlegt wie ich da nächste Woche hinkomme. Fotos hab ich an dem Tag keine gemacht - ich sollte bis zur Hochzeit warten.

Eine Woche später war es dann so weit. Ich bin schon um 12 Uhr losgefahren, obwohl die Hochzeit erst um 18 Uhr anfing, weil ich noch mithelfen wollte/sollte/musste beim aufbauen. Einen Tag vorher haben wir in unserer WG eine sehr liebe Mitbewohnerin verabschiedet, die zurück nach Kanada fliegt. Wir haben viele Fotos gemacht, vielleicht kriegen wir die bald mal um sie hochzuladen. Ein Freund von ihr hat dann auf ein paar Fotos so ziemlich genau die Mitte seines Körpers gezeigt. Und am nächsten Tag gehe ich zu der Hochzeit wo keine Frau ohne Kopftuch rumrennt. Das war einfach der totale culture clash, man könnte meine Geschichte direkt in einem Schulbuch abdrucken. Der Sohn Amer hat mich dann abgeholt und wir haben ein paar Sofas hin- und hergefahren. Ich hab dann an dem Tag auch endlich meinen Cousin Fahad getroffen (der etwas direkter mit mir verwandt ist). Der studiert in Melbourne, ich hatte vorher schon mal mit ihm telefoniert. Wir haben uns nicht mehr gesehen seitdem ich 6 war, oder so ähnlich. Der war sehr cool! Mit dem hab ich dann auch die meiste Zeit rumgehangen. Der war zum Glück auch etwas moderner. Schwarzes tiefergelegtes Auto, Sonnenbrille, Zigaretten, RnB-Musik im Auto, 90 kmh in der Wohngegend. "You dont know how long I had to wait to smoke this cigarette...You know I dont want them to see that I smoke". Hat sehr gut getan sich mit dem zu unterhalten, ich hab gemerkt dass ich nicht der einzige bin der so ein paar "Leichen im Keller" hat. Wir haben dann die ganzen Tische der Veranstaltung aufgebaut:

Es war etwas komisch, dass ich so wirklich zum Kern der Familie gehörte. Ich hatte es mir so vorgestellt, dass da eine riesige Familie mithilft, mit entfernten Verwandten aus aller Welt. Aber da waren nur die Eltern der Braut, die 2 Brüder mit ihren Frauen, Fahad und ich. Außer Fahad ist das halt wirklich nur die engste Familie, und Fahad und ich sind ja auch nur "Halb-Cousins". Gab es keine anderen Cousins? Ich hab die ganze Hochzeit so richtig von innen miterlebt, obwohl ich die alle erst seit einer Woche kenne. Um 6 Uhr ging es dann los. Ich stand am Eingang und hab die Leute begrüßt. So als wenn gerade meine Tochter heiraten würde. Man war das merkwürdig. Die Leute haben mir gratuliert! "Congratulations"! OK, ich weiß zwar unter anderem immer noch nicht wer von den Typen da hinten der Bräutigam sein soll...aber Danke für die Glückwünsche, thank you! Die Begrüßung war schon wieder typisch. Den Männern gibt man die Hand mit einem "salam alaikum" (ich bin dann am Ende zum routinierten "slalkm" übergegangen). Den Frauen sagt man maximal ein kleines Hallo. Das ist doch einfach merkwürdig, wenn da neue Gäste kamen pickt man sich so die Männer raus, gibt ihnen die Hand, und die Frauen ignoriert man so ziemlich. Das gleiche machen halt die Frauen untereinander. Nach ca 150 Handshakes (300 Leute waren auf der Hochzeit) sind dann so langsam alle eingetrudelt.




Die ganze Veranstaltung war eigentlich nur Essen und Fotos machen. Eine kleine Ansprache gab es vom Bruder Maher, aber ansonsten wirklich nichts anderes. (Die Zeremonie war am Freitag davor, da hatte ich allerdings Uni.) Ich saß natürlich am Tisch mit dem Ehepaar, was auch sonst. Mittlerweile hatte ich auch den Ehemann kennengelernt. Der war wirklich cool! Er hat mir erzählt wie er damals ein Stück von der Mauer aus Deutschland mitgenommen hat, als er hier Urlaub gemacht hat. Auf der Hochzeit waren übrigens vereinzelt Models unterwegs. Alle verschleiert, aber dann auf einmal so ein paar verhältnismäßig (!) freizügige Topmodels dazwischen. Ich hab versucht Fotos zu machen ohne aufzufallen. Hat aber nicht geklappt :-) Später haben wir dann noch alles aufgeräumt. Das ging wirklich zack zack, reinkommen, Essen, Fotos, Nachtisch, und raus. Hier sind ein paar Fotos wo ich auch drauf bin:


Ich, das Ehepaar, Fahad.

Aleem aus Kanada(Onkel), Fahad, Amer, Ich, Maher, Aeraj, Ehemann Arees


Ich musste dann noch irgendwie nach Hause kommen. Mir wurde gesagt, das sei kein Problem, da findet sich auf jeden Fall jemand (für Busse war es schon zu spät). Ja, geht so. Das Ehepaar hat mich nach Hause gefahren :-) Ja, genau, Braut, Bräutigam, und ICH, so war das Auto besetzt. Und meine Wohnung war nicht gerade auf ihrem Weg. Aber da kein anderer in die Richtung fahren musste, haben sie sich dazu bereit erklärt...die waren aber wirklich total nett. Ich konnte mich entspannt mit denen im Auto unterhalten, es war nicht so anstrengend wie mit Aeraj.

Soo das war das große Familienspecial. Heute hab ich übrigens auch noch einer Grille Metamphetamin gespritzt und hab dann dabei zugeguckt wie sie eine andere Grille verprügelt. Biopsychologie. Aber jetzt reichts auch. :-)

Amadeus


1 Kommentar:

Yasemin hat gesagt…

das familienspecial find ich einfach mal saugeil!!!genauso stelle ich mir bollywood vor "Der verlorene Verwandte aus Deutschland" einfach klasse :)

lg yasemin